Morgens früh machten Tjorben und ich uns auf den Weg. Wir riefen uns ein Taxi und versuchten dem Fahrer irgendwie zu erklären, wo wir hin wollten. Ziel der Taxifahrt: ein Busbahnhof, von welchem wir einen Bus nach Ica nehmen könnten. Doch es schien aussichtslos, weder Übersetzer, Hände noch Füße führten zum gewünschten Ergebnis. Der Taxifahrer fuhr los und wir ließen uns überraschen, wo er denn hinfährt. In Lima, in Peru, auf der anderen Seite der Erde.
Das Leben ist niemals gegen einen. Man muss es los lassen, die Kontrolle abgeben. Denn wenn man nicht mehr gegen das ist, was passiert, ist man frei. Dabei geht es nicht ums Aufgeben, es ist viel mehr eine heilige Vertrauensbasis von dir mit deinem Leben.
Wir fuhren eine halbe Ewigkeit durch den dichten, lauten und chaotischen Verkehr Limas. In manchen Vierteln schloss der Fahrer die Fenster und riet uns, die Handys zu verstecken. Zumindest war es das, was wir verstanden. Einmal gab er einem blinden Bettler etwas Kleingeld, während wir im Stau standen.
Nach einer Stunde hielt der Taxifahrer am Straßenrand vor einem Gebäude mit der erlösenden Aufschrift: Perú Bus.
Für 100 Soles kauften Tjorben und ich uns Busfahrkarten für eine fünfstündige VIP-Fahrt nach Ica. Umgerechnet pro Person: 12,50 €. Wir stiegen in einen modernen Reisebus mit gemütlichen Sitzen, Klimaanlage und Fernsehen, wir hatten einen guten Deal gemacht.

Es dauerte zwei Stunden, bis wir Lima hinter uns ließen. Vorbei an übergroßen Werbeschildern mit erstaunlich vertrautem Inhalt: Aperol Spritz, Mercedes Benz, Coca Cola. Vorbei an trostlos trockenen Landstrichen, Kinder, im Müll und im Staub spielend, lachten und die Sonne schien aus ihnen heraus. Vorbei an endlos erscheinenden Luxus-Urlaubs-Resorts, ummauert wie Staatsgefängnisse. „Wer hier Urlaub macht, war niemals in Peru.“, hörte ich mich denken.
Die Zivilisation verblich nach und nach und irgendwann war nur noch Wüste zu sehen. Gestochen scharf aber und mit sattem blauen Himmel, als hätte man sich gerade die Brille geputzt, denn auch der Smog der Megastadt lag hinter uns.
Ich verzichtete vor der Reise auf eine zu genaue Vorbereitung auf die Geographie Perus und somit genoss ich die Überraschung: in Peru gibt es eine waschechte Wüste.

In Ica angekommen und erschlagen von den stickigen 34 Grad, gingen wir zu Fuß zum Hostel. Die Straßen Icas sind lebendig, bunt und wesentlich sauberer als in Lima. Es gefiel uns, obgleich die Hitze meinem norddeutschen Gemüt schnell zu Kopf stieg.

Wir reservierten auf dem Weg eine Nacht in einem Hostel, nichtsahnend darüber, dass wir aufgrund gesundheitlicher Umstände etwas länger als eine Woche bleiben würden. Das Hostel hatte alles zu bieten, was sich erträumen lässt: gebaut auf einem Supermarkt, gesichert wie eine Festung, Heimkino, Frühstücksbuffet, schnelles Wlan, ein 24h-Service der seinesgleichen sucht und das alles für 5,- € die Nacht.
